Straße der Kulturgeschichte

1. Mai 2023

Straße der Kulturgeschichte

Die Romantische Straße ist die älteste Ferienroute Deutschlands

Wie auf eine wertvolle Perlenkette aufgereiht liegen sie, die schönsten Orte zwischen der Barockstadt Würzburg, die seit 1981 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, bis ins oberbayerische Füssen. Die Rede ist von der ältesten Qualitätsferienstraße Deutschlands, der Romantischen Straße. Im Grunde haben die Römer die Straße gebaut, hört man heute. Im Jahr 47 n.Chr. wurde die „Via Claudia Augusta“ über den Reschen- und Fernpass an Füssen vorbei bis nach Augsburg und weiter an die Donau geführt. „Der Grundstein für die heutige Romantische Straße wurde im 19. Jahrhundert gelegt, als sie noch unter dem `Deutschen Reiseweg Nummer 1‘ bekannt war, so der Geschäftsführer der „Arbeitsgemeinschaft Romantische Straße Touristik GbR“ Jürgen Wünschenmeyer.

Die Ferienroute wurde im Jahr 1950 durch die Bürgermeister der beteiligten Städte (siehe Karte S. 13) in Augsburg gegründet und wird heute noch durch deren Beiträge finanziert und unterhalten. Die Arbeitsgemeinschaft touristisch orientierter Städte mit Sitz in Dinkelsbühl wurde ein Erfolgskonzept. Die ersten Urlauber der „Romantic Road“, wie sie auch genannt wird, waren US-Amerikaner, die mit ihren Familien die schönsten Ecken Süddeutschlands erkunden wollten. „Der allererste Werbeflyer wurde deshalb auch auf Englisch herausgegeben“, erzählt Wünschenmeyer weiter. Damals, nach dem Zweiten Weltkrieg, versuchte man Deutschland wieder von einer ganz neuen, lebensfreundlichen und vielfältigen Seite zu zeigen. Vor allem in Nordamerika und in Kanada nutzte die Deutsche Lufthansa und die Deutsche Zentrale für Tourismus die Romantische Straße als Vorzeigeobjekt für deutsche Sehenswürdigkeiten.

Mit dem Bus durch Bayern

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Denn schon 1956 nahm die längste Fernbuslinie „Romantische Straße“ Fahrt auf, die bis heute existiert. Die Deutsche Bundesbahn setzte Züge ein, die sich mit der Buslinie der Romantischen Straße verbinden ließen, um alle Höhepunkte der Route erreichen zu können. Die roten Bahnbusse wurden im September 1952 durch den Gründer der Romantischen Straße, Dr. Ludwig Egele, feierlich begrüßt. Im Jahr 1962 wurden die roten Busse durch türkis-beige Fahrzeuge der Deutschen Touringgesellschaft ersetzt.Die gesamte Strecke verbindet heutzutage 29 sehenswerte Orte mit geschichtsträchtigen Bauwerken. Auf dem über 460 Kilometer langen Weg begegnet man der von Balthasar Neumann geschaffenen Würzburger Residenz, Tilman Riemenschneiders Werken im Taubertal, der historischen Stadt Rothenburg ob der Tauber im Norden, dem Schloss Neuschwanstein und Füssen im Süden. „Wären die Städte im Dreißigjährigen Krieg nicht so verarmt, so dass Modernisierungen finanziell kaum möglich waren, gäbe es heute nicht mehr so viele historische Bauten“, so Geschäftsführer Wünschenmeyer weiter.

Wer in Wertheim Halt macht, kann den Blick auf die Burg genießen, oder von der Marienbrücke in Füssen aus auf Schloss Neuschwanstein blicken. Weitere wichtige historische Zwischenstationen entlang der Straße sind Bad Mergentheim, Weikersheim, die Herrgottskirche in Creglingen, Dinkelsbühl, Nördlingen, Harburg, Donauwörth, Augsburg, Friedberg und Landsberg am Lech. Auf dem Weg in die Heimatstadt der „Augsburger Puppenkiste“, die übrigens mit einer Fuggerei aus dem 16. Jahrhundert aufwarten kann, liegt westlich der Ort Wallerstein. Auf einer Bergkuppe thront das Schloss Baldern, das zum ersten Mal im 11. Jahrhundert urkundlich erwähnt wurde. Es gibt vieles zu entdecken, wobei das bayerische Bier, fränkischer Wein und die süddeutsche Küche so manchen Gaumenschmaus bereit halten.

Die Dreh- und Angelkreuze der Tour liegen jedoch bei Rothenburg und Schloss Neuschwanstein, das der bayerische König Ludwig II erbauen ließ. Der amerikanische Filmproduzent Walt Disney nahm sich das barocke Bauwerk für seine Traumschlösser in Filmen wie „Cinderella“ und „Dornröschen“ zum Vorbild und gestaltete nach dem Schloss das Firmenlogo. Aber warum Rothenburg? Die Stadt hat sich mit seinen gepflegten und gut erhaltenen Bauten einen Namen gemacht. Die Bürgermeister und Stadträte haben stetig in gute Außenwerbung investiert und für historische Veranstaltungshöhepunkte über das Jahr verteilt gesorgt.

Die Stadtherren aller beteiligten Städte verpflichteten sich bei der Gründung die Romantische Straße auf Messen in Italien, Spanien, Japan, China, in den USA, den Beneluxländern und in Orten Nordeuropas zu präsentieren. Weltweit fand dieses Konzept großen Anklang. Denn im Jahre 1982 wurde die Japanische Romantische Straße nach deutschem Vorbild eröffnet. 2007 wurde die Partnerstadt mit der „Rota Romantica“ in Brasilien besiegelt, zwei Jahre später folgte die „Romantic Road of Korea“ und im Jahr 2016 gab es eine Romantische Straße in Taiwan. Die genaue Länge der Mutter aller „Romantischen Straßen“ in Deutschland hängt davon ab, ob man zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto unterwegs sein will.

Der Grundsatz, die genaue Route der weltberühmten Ferienstraße nicht verändern zu dürfen, wurde nicht ganz eingehalten. Die ursprüngliche Bus-Strecke führte ausschließlich über Schnellstraßen von Nord- nach Südbayern. Um die „Perlenkette“ sehenswerter Orte optimieren und miteinander verbinden zu können, wurde bereits in den 80er-Jahren der Radfernweg eröffnet. Im Jahr 2006, zur Zeit der Veröffentlichung von Hape Kerkelings Buch über seinen Jakobsweg „Ich bin dann mal weg“ folgte der Fernwanderweg. Seit dem Jahr 2000 ist ein stetiger Zuwachs an Touristen aus fernen Ländern, aber vor allem aus Deutschland zu verzeichnen. Romantik liegt eben bei Jung und Alt im Trend. Der Wunsch nach unzerstörter Natur, die Sehnsucht nach Harmonie, nach Rückzugsorten, in denen man Erholung vom gehetzten Alltag findet, werden immer begehrter. Genau das bietet die Romantische Straße, die seit über 70 Jahren in aller Munde ist. Ob Radwandern (D9), Wandern (500 Kilometer lang, mit blauen Schildern ausgewiesen) oder auf vier Rädern, es muss ja nicht gleich die ganze Tour sein. Tages- oder Halbtagesetappen mit dem Bus finden gerade bei Kurzurlaubern Zuspruch. Das kann zum Beispiel eine Tagesfahrt von Würzburg über Tauberbischofsheim und Lauda Königshofen nach Bad Mergentheim über Röttingen nach Creglingen sein. Von dort führt der Ausflug nach Rothenburg in die historische Altstadt. Ein Rundgang zum Marktplatz mit seinem imposanten Rathaus und der Ratstrinkstube, die Herrngasse mit den stattlichen Bürgerhäusern, der Burggarten und die St.-Jakobs-Kirche sind dabei ein Muss.

Eine Reise entlang der ältesten Ferienstraße Deutschlands lohnt sich auf jeden Fall. Selbst für Wohnmobil-Fans, die sich seit Corona vervielfacht haben, gibt es eigene Routen. Das gesamte Wegenetz lässt sich auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Romantische Straße unter www.romantischestrasse.de erkunden.

ul

Schon in den 60er und 70er-Jahren fuhr die Buslinie der Romantischen Straße mitten durch Rothenburg. Auch heute noch ist die Stadt eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Ferienstraße. Foto: Privat
Jürgen Wünschenmeyer plant ausgeschilderte Aussichtspunkte entlang der Romantischen Straße. Foto: ul

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