Klassische Musik im Herzen

11. November 2024

Klassische Musik im Herzen

Christiane Karg steht auf internationalen Bühnen und bringt Kindern Musik nahe

Musik und Theater liegt in der Luft. So war es immer während der drei- bis viermonatigen sommerlichen Kreuzgang-Festspielzeit. Christiane Karg, eine der bedeutendsten Sopranistinnen der heutigen Zeit, musste als kleines Mädchen nur ihr Kinderzimmerfenster öffnen, um den Klängen auf der Bühne der Kreuzgang-Theaterfestspiele, des ehemaligen Benediktinerklosters in Feuchtwangen zu lauschen.

Ihre Eltern führten das dazugehörige Café. „Ich hörte jeden Abend den tosenden Applaus der Zuschauer, der sich wie das Vorbeirumpeln einer Dampflok anfühlte“, erinnert sie sich. Kaum eine Aufführung blieb ihr verborgen, die sie von ihrem „Logenplatz“ aus miterleben durfte.

Ihr Vater nahm sie und die beiden jüngeren Schwestern regelmäßig mit zu den größten Festspielen in Bayreuth, München und Salzburg. „Ich habe gebrannt für die Festspiele“, sagt sie mit einem Strahlen im Gesicht. Eine ihrer Schwestern hielt das Bühnengeschehen immer wieder in Zeichnungen fest. Die zweite spielte später ein Instrument, aber ihre Leidenschaft wurde der Sport. „Nur ich schlug den professionellen Weg in die Musik- und Theaterwelt ein“, erzählt sie.

Von morgens bis abends hat Christiane Karg in ihrem Zimmer Musicals und Werke berühmter Komponisten wie die Zauberflöte gehört. Das war für sie ganz natürlich. Mit gerade einmal fünf Jahren wollte die damals kleine Chrstiane Karg im Kirchenchor mitsingen. „Ich wurde wieder nach Hause geschickt, da ich noch nicht einmal lesen konnte. Meine Mutter übte darauf hin mit mir die Liedtexte ein und so konnte ich von klein auf im Chor mitsingen“, freut sich sie heute noch über ihre Zielstrebigkeit. Schon bald darauf durfte sie ihre ersten Soli im Chor darbieten.

Dankbarkeit

„Ich finde, man sollte Kindern von Anfang an die klassische Musik nahe bringen. Ohne das Engagement meiner Eltern und meinem behüteten Zuhause wäre mein Lebenstraum, Sängerin zu werden, nie in Erfüllung gegangen“, sagt sie mit großer Dankbarkeit in der Stimme. Die Musik der großen Komponisten ist ihrer Meinung nach weder elitär noch für bestimmte Ohren gedacht. „Sie sollte im Familienalltag im Hintergrund ,dudeln‘, so als würde man täglich Radio hören,“ führt die leidenschaftliche Sopranistin fort.

Ihr Werdegang zeichnete sich früh ab. Mit anfänglichem Klavier- und Flötenunterricht nahm die erst 13-Jährige Gesangsunterricht als Gastschülerin an der Berufsfachschule in Dinkelsbühl, die staatlich geprüfte Musik- oder Gesangslehrer ausbildet. „Ich war sehr zielstrebig und fokussiert in meinem Tun. Schon als Kind hatte ich viele Hobbies und wollte immer beschäftigt werden“, gibt sie von sich preis. Später gelang ihr die Aufnahmeprüfung im Salzburger Mozarteum. Bis 2006 studierte sie bei Heiner Hopfner sowie in der Liedklasse von Wolfgang Holzmair und wurde für ihren Masterabschluss im Fach Oper/Musiktheater mit der Lilli-Lehmann-Medaille ausgezeichnet. Noch während ihres Studiums gab sie ihr vielbeachtetes Debüt bei den Salzburger Festspielen.

Im Jahr 2008 beendete sie ihr Lied- und Oratoriumsstudium. Nach einem ersten Engagement im Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper wechselte sie 2008 ins Ensemble der Oper Frankfurt.

Inzwischen gastiert sie regelmäßig an führenden Opernhäusern wie dem Theater in Wien, der Bayerischen Staatsoper, der Semperoper Dresden oder der Opéra de Lille, am Festspielhaus Baden-Baden, am Royal Opera House Covent Garden, an der Mailänder Scala und an der New Yorker Metropolitan Opera.

Auch für die Konzertpartien ihres Fachs ist die mehrfach ausgezeichnete Sopranistin international präsent. Sie tritt auch als Konzert-, Lied- und Oratoriensängerin auf. Zu ihrem Repertoire gehören unter anderem Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Wolfgang Amadeus Mozart, Joseph Haydn, Franz Schubert, Giovanni Battista Pergolesi, Felix Mendelssohn Bartholdy sowie Gustav Mahler, um nur einige zu nennen. Bis heute hat Christiane Karg vier CDs veröffentlicht: Gustav Mahlers Symphony No. 2, Weihnachtsmusik „Licht der Welt“, Gustav Mahlers Erinnerung und Johannes Brahms: Ein deutsches Requiem.

Ganz privat hatte sie sich eigentlich schon von dem Gedanken, eine Familie zu gründen, verabschiedet. Bis sie sich bei einem Opernfestival in England das Knie verletzt hat. Da stand der aus Freiburg stammende Dirigent David Afkham und künftiger Ehemann vor ihr und kümmerte sich um die junge Künstlerin mit ihrer Verletzung. Mittlerweile haben die beiden zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren. Jetzt hatte sie ihren zweiten Lebenstraum von einer eigenen Familie erfüllt. Bis 2020 lebte sie mit Mann und Kindern in Berlin. Doch es zog sie zurück in ihre behütete Heimatstadt Feuchtwangen.

Eine „Vollzeit-Nanny“ aber auch die Oma sorgen sich um die Kleinen, während die Eltern ihrer Bestimmung nachgehen. „Urlaubs- oder Ruhephasen bedeuten für mich Trainingseinheiten wie Sprache und Text lernen, Töne einstudieren, Aufnahmen vergleichen und neue Programme zusammenzustellen,“ erklärt die junge Mutter. Für Opern- oder Konzertpartien wird sie von einem Korrepetitor begleitet, der beim Einstudieren hilft und durch Klavierbegleitung das Orchester ersetzt. Je nach Sprache und Komponist gibt es spezialisierte Korrepetitoren. „Vor circa elf Jahren wurde ich von Seiten der Stadt gefragt, ob ich nicht eine Konzertreihe in Feuchtwangen organisieren könne“, beschreibt sie den Beginn der Musikreihe „KunstKlang“, die für die renommierte Sopranistin auch ein kleines Dankeschön an ihre Heimatstadt sein soll.

Musik verbindet

Ihr erstes Konzert (2014) mit einem persischen Rezitator hinterließ eine gewisse Ratlosigkeit in den Gesichtern der Zuschauer. „Heute, zehn Jahre später, könnte ich wohl einen japanischen Schauspieler einladen und alle wären begeistert dabei“, beschreibt sie die mittlerweile weltoffene Akzeptanz von Seiten des Publikums. „Auch die Zuhörer wachsen mit dem Anspruch“, stellt sie fest.

Christiane Karg durfte mit klassischer Musik und Theater aufwachsen. Das ermöglicht sie nicht nur ihren Kindern, sondern auch jungen Menschen in ihrer Heimatstadt. „Mein Sohn hört in seinem Zimmer gerade die Vier Jahreszeiten von Vivaldi ohne zu wissen, was es ist“, sagt sie während des Interviews. Damit die klassische Musik, Tanzen und Singen auch in anderen Familien Einzug halten kann, setzt sie sich parallel zu den hochkarätigen Konzerten als künstlerische Leiterin der Konzertreihe „KunstKlang“ für die Sensibilisierung von klassischer Musik in Schulen und Kindergärten ein. Im Rahmen des Programms „be part of it“ besucht sie pädagogische Einrichtungen und erzählt aus ihrem Leben mit der Musik und lädt die jungen Menschen bis 21 Jahre mit 1-Euro-Tickets zu Konzerten ein.

Mit „Singen in Kitas“ werden sogar die Kleinsten direkt und spielerisch an die Musik von „Peter und der Wolf“ (2023) und „Karneval der Tiere“ (2024) herangeführt. Für dieses Engagement hat Christiane Karg den Bayerischen Verdienstorden erhalten. Musik ist nicht nur Kulturgut, sondern sie verbindet auch Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern.

„Ich habe erst vor Kurzem mit einem Ukrainer, jemanden aus Belarus und einem russischen Künstler Seite an Seite musiziert. Musik ist Integration und kennt keine Grenzen“, ist Christiane Karg überzeugt. ul

Christiane Karg studierte am Salzburger Mozarteum bei Heiner Hopfner sowie in der Liedklasse von Wolfgang Holzmair und wurde für ihren Masterabschluss im Fach Oper/Musiktheater mit der Lilli-Lehmann-Medaille ausgezeichnet. Foto: koenbroos/animaeterna
Christiane Karg (2. von rechts) hat als Kind von Ihrem Fenster aus alle nur möglichen Aufführungen auf der Kreuzgangbühne verfolgt. Heute ist sie selbst Teil des Geschehens. Foto: Privat

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