Ein tatkräftiger Idealist
1. Mai 2024
Ein tatkräftiger Idealist
Johannes Wolf hat das kulturelle Profil von Aub nachhaltig geprägt
Aub hat etwas, was andere Gemeinden nicht haben: Johannes Wolf. Er hat den Ort aber geprägt wie kaum ein anderer. Wolf hat Aub mit Kultur erfüllt, die eine Strahlkraft weit über die Ortsgrenze hinaus entwickelt hat. Mittlerweile ist er 68 Jahre alt und trägt sein Haar noch immer mit progressivem Pferdeschwanz. Lässig lehnt er am Flügel im Konzertsaal von „Ars Musica“. Hinter ihm eine Plakatwand mit Zeugnissen aus den Anfangsjahren und Höhepunkten aus 33 Jahren Kulturengagement in Aub. Und das alles hat er neben seinem Job als Musiklehrer in verschiedenen Gymnasien auf die Beine gestellt.
Johannes Wolf hat es einst aus Zufall nach Aub verschlagen. Er stammt aus Herzogenaurach und begann im Jahr 1976 ein Studium (Klavier und Cello) an der Musikhochschule in Würzburg. „In Würzburg gab es kaum Wohnungen und Musiker waren nicht gerne gesehen“, erinnert er sich. In Aub, nur 33 km von Würzburg entfernt, wurde aber ein Haus vermietet. Johannes Wolf ist mit Freunden eingezogen und die „Musiker-WG hat in den Folgejahren etwa 30 Studenten durchgeschleust“, erzählt er. Noch heute lebt er mit seiner Frau in genau diesem Haus. Aub hat ihn von Anfang an begeistert. „Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt“, sagt er. Aub mit rund 1 500 Einwohnern ist für ihn eher eine kleine Stadt. „Es war immer mein Bestreben, mehr Menschen nach Aub zu bringen, in der Hoffnung, dass sie auch hier leben wollen“, erzählt er. Und dafür hat er sich engagiert. Zusammen mit drei Studenten hat er in seinen Anfangsjahren einen Biergarten gekauft, nur wenige Schritte von seinem Haus entfernt, im Eigeneinsatz renoviert und betrieben. Den Biergarten gibt es noch heute, allerdings aktuell nicht bewirtschaftet.
Kultur im Herzen von Aub
Das war der erste Streich. Der zweite folgte im Jahr 1991. Zusammen mit dem Architekten und Musikerfreund Felix Tannenberg hat Johannes Wolf „Ars Musica“ ins Leben gerufen. „Von Anfang an war klar, dass hier ein musikalisches Fortbildungshaus mit Veranstaltungsprogramm entstehen soll“, so Wolf. Das „Gasthaus zum Hirschen“ direkt am Marktplatz wurde von Tannenberg dafür saniert. In diesem Rahmen ist auch der bis in den Dachgiebel offene Konzertsaal entstanden. Durch die guten Kontakte zur Hochschule lief der Kursbetrieb schnell an. In das Haus am Marktplatz zog mit „Ars Musica“ wieder Leben ein. Zeitweise war die Kneipe sogar verpachtet. Die hochkarätig besetzten Veranstaltungen ziehen seitdem Besucher aus Bad Mergentheim, Uffenheim, Rothenburg oder Würzburg an (Infos unter www.ars-musica.de). Seit 25 Jahren, am 27. April wurde das Jubiläum gefeiert, bringt „Ars Musica“ Konzerte, Jazz, Kammermusik, Klassik sowie Vorträge und Ausstellungen nach Aub. Im Jahr 1999 hat sich der Verein Ars Musica Aub e.V. gegründet, der seitdem die Veranstaltungsinitiative unterstützt. „Ars Musica war für die Stadtentwicklung ein wichtiges Projekt“, stellt Johannes Wolf fest, der sich auch 12 Jahre als Stadtrat engagiert hat. Manche Wegbegleiter von ihm haben sich ebenfalls in Aub niedergelassen. „Wir haben gezeigt, dass es Wege gibt, einen Ort auch für Außenstehende interessant zu machen“, stellt Wolf fest.
Er ist ein Idealist, der Kraft, Energie und auch eigenes Geld in die Realisierung der Kulturprojekte gesteckt hat. Und wenn die eine Idee läuft, dann haben Menschen wie er eben wieder eine neue: das fränkische Spitalmuseum. Aub hat ein um 1350 gegründetes Landspital mit Spitalkirche. Wolf sah darin Potenzial und die überregionale Bedeutung. In einer gemeinschaftlichen Leistung von Stadt und Bürgern fiel 1998 der Startschuss für die Sanierung der Spitalkirche. In der Folgezeit entstand ein museales Nutzungskonzept für den gotischen Kernbau. „Seit 2004 wird das Museum komplett ehrenamtlich betrieben“, erzählt Wolf. Das Thema Spital war mit dem Museum aber noch nicht abgeschlossen. Johannes Wolf hat die Reihe „Musik in fränkischen Spitalkirchen“ konzipiert. Seit 2012 findet in den Spitalkirchen in Aub, Ochsenfurt, Röttingen und Bad Windsheim regelmäßig eine hochkarätige Konzertreihe statt.
Besonderes Ambiente der Spitalbühne
Außerdem wurde auf dem Spitalareal die Spitalbühne gebaut, eine mit Glas überdachte Bühne und ein überdachter Zuschauerbereich. Und zwar in Eigenleistung. Zwei Vereine, der Gesangsverein und die Stadtkapelle, haben dies auf die Beine gestellt. Gerade zu Zeiten von Corona hat sich die Bühne als idealer Ort erwiesen. Der musikalische Frühschoppen (der nächste findet am 26. Mai mit dem Blasorchester „Blechintakt“ statt) hat sich seitdem etabliert.
Bei „Ars Musica“ am Marktplatz, in der Spitalkirche und auf der Spitalbühne gibt es ein vielfältiges Kulturprogramm, gebündelt unter dem Stichwort „Kultur in Aub“. Gut 40 Veranstaltungen dürften es pro Jahr sein. Alle haben freien Eintritt. „Das ist schon seit 30 Jahren so und funktioniert“, erzählt Johannes Wolf.
Natürlich gibt es einen Spendenkorb, und der ist meist gut gefüllt. „Man glaubt es nicht, aber wenn es den Leuten gefällt, sind sie auch bereit, etwas zu geben“, so Wolf. Gleichwohl sieht er in diesem Konzept auch den sozialen Aspekt: Bei fixen Preisen würden Menschen mit geringeren Einkünften vielleicht gar nicht kommen. So kann jeder Kultur erleben und gibt am Ende, was individuell für ihn möglich ist. Eingebunden in den großen Rahmen der Kultur in Aub hat Johannes Wolf, der 25 Jahre auch den Sängerkranz leitete, noch diverse weitere Einzelprojekte angestoßen und realisiert: 2015 gab es das Projekt Kunstprozession „Weg der Kunigunde“ von Aub nach Bamberg. Künstler und Interessierte wanderten in fünf Tagen auf dem historischen Kunigundenweg, eingerahmt von Kunstaktionen und Konzerten, von der Kunigundenkapelle in Aub nach Bamberg. „Etwa 400 Menschen sind in Bamberg dann angekommen“, erinnert sich Wolf.
Zum 600-jährigen Stadtjubiläum im Jahr 2004 hat er die Komposition „Der Schleierflug“ in Auftrag gegeben, die von rund 200 Auber Musikern aufgeführt wurde. Und das Künstlerprojekt „Leerstand 2004“ wurde damals begleitet von einem wissenschaftlichen Symposium realisiert. Insgesamt dreimal gab es außerdem „Kunst im öffentlichen Raum“. Im Jahr 2011 wurde in ganz Aub die Stationenoper „Der Weg des Pilgers“ aufgeführt, die aus Theater- und Opernszenen, aber auch aus Performances und szenisch-musikalischen Installationen bestand.
Johannes Wolf, der auch Kulturbeauftragter von Aub ist und 2022 den Kulturpreis des Landkreises Würzburg erhalten hat, kann all diese Projekte natürlich nicht alleine stemmen. Die Auber pflegen ein lebendiges Gemeinwesen, sind in rund 30 Vereinen organisiert und packen Projekte gemeinsam an. „Die Kirchweih ist legendär“, erzählt Wolf. Die Kapelle habe keine Nachwuchsschwierigkeiten und der Fasenachtsverein mit vier Prunksitzungen, die 13er Narrhutia, ist auch das Jahr über aktiv. „Es gibt eine tolle Feierkultur in Aub und die Lebensqualität ist unerreicht“, so sein Credo. Kultur in Aub – das ist weit mehr als Unterhaltung am Wochenende. Johannes Wolf hat Kultur in Aub zu einer Lebenseinstellung gemacht, die für viele so unverzichtbar geworden ist, wie die Luft zum Atmen.
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