Ein hybrider Dorfladen

10. Januar 2025

Ein hybrider Dorfladen

„Schönland“ in Finsterlohr hat ein innovatives Konzept

Glücklich schätzt sich ein Dorf, wenn es noch einen eigenen Laden hat. Das bedeutet Lebensqualität. Die dauerhafte Umsetzung ist aber schwierig. Im Jahr 2010 haben die Finsterlohrer mit viel Herzblut und Eigeninitiative einen Dorfladen auf die Beine gestellt. Im Frühjahr 2024 wurde er geschlossen. Aber nur ein halbes Jahr lang. Dann hat Jörg Schleburg mit „Schönland“ den Dorfladen an derselben Stelle aber mit neuem Konzept wieder eröffnet. „Ich glaube stark daran, dass sich das Konzept hier etabliert und auch die Zukunft im Einzelhandel sein wird“, so Schleburg.

„Schönland“ funktioniert ohne jegliches Bargeld und weitgehend ohne Mitarbeiter. Mit der EC-Karte oder einer Bezahlapp am Handy erhalten Kunden Einlass in den Laden. Das funktioniert 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche. Innen angekommen steht ein ganz normaler Laden mit Regalen und einem Sortiment aus rund 1 500 Artikeln zur Verfügung. Hier wählt man aus und geht damit zur Selbstbedienungskasse. Die Produkte werden eingescannt und per EC-Karte oder Handy-App bezahlt.

Parallel zum rein digitalen Einkauf steht Jörg Schleburg an drei Tagen (Donnerstag, Freitag, Samstag) für einige Stunden selbst im Laden, betreibt das Café und unterhält sich mit den Kunden. Finsterlohr hat rund 180 Einwohner und mit der hybriden Einkaufslösung von „Schönland“ den wohl innovativsten Dorfladen weit und breit.

Wer ist nun dieser Schleburg, der sich so etwas ausdenkt? Jörg Schleburg und seine Frau Marie kommen aus Germering und haben zwei Kinder. Vor gut drei Jahren haben sie einen Bauernhof in Finsterlohr gekauft, hochwertig hergerichtet und vermieten diesen als Feriendomizil. Die Familie selbst wurde im nur 15 Minuten entfernten Equarhofen sesshaft. „Wir wollten raus aus der Stadt und rein ins Land“, erklärt Schleburg.

Er hat eine eigene Agentur zur Beratung von Arbeitgebern, seine Frau ist Architektin. Finsterlohr habe ihnen deshalb so gut gefallen, weil es hier eine Tankstelle, einen Bäcker und einen Dorfladen gab, erinnert sich Jörg Schleburg. „Das war ein Grund für uns, sich hierher zu orientieren“.

Der Sprung ins kalte Wasser

Als klar war, der Dorfladen läuft nicht mehr so gut und trägt sich nicht mehr, wurden die Schleburgs angesprochen. „Ich dachte mir, ja, könnte ich mir vorstellen, aber mit anderem Konzept“, so der Unternehmer. Ein Dorfladen, das war Neuland für ihn. Bei einem eigenen Urlaub kam er in Kontakt mit dem Konzept des digitalen Dorfladens und war begeistert. Dort war der Einkauf aber an eine Mitgliedschaft geknüpft, das wollte er nicht. „Zu kompliziert“, so sein Kommentar. Der Prozess von der Idee bis zur Eröffnung im September 2024 dauerte dann etwa ein Jahr.

Schleburg hat die Räume von der einst für den Dorfladen gegründeten Genossenschaft gemietet, die ihm nach eigenen Worten sehr entgegengekommen ist. „Schönland“ ist sein eigenes Unternehmen, das er mit dem Partner „Mein Markt 24“ betreibt. „Mein Markt 24“ ist ein Spezialist für Dorfläden, der die Technik wie Einlasssystem, Selbstbezahlkasse und die Videotechnik zur Überwachung des Ladens bereitstellt. „Ich kann jederzeit live oder im Nachgang sehen, was im Laden passiert“, erklärt Jörg Schleburg.

Immer donnerstags wird „Schönland“ beliefert. Über „Mein Markt 24“ kann Schleburg auf das ganz normale Rewe-Sortiment zugreifen. „Von den günstigen ‚Ja‘-Produkten bis hin zu Markenprodukten haben wir alles“, erklärt er und fügt an: „Wir können preislich mithalten.“ Auf knapp 100 m² Fläche finden sich mehr als 1 500 Artikel: Backwaren in allen Varianten, Kaffee, Tee, Konserven, Drogerieartikel, Nudeln und mehr. In Tiefkühlschränken gibt es Pizza, Pommes, Gemüse oder Fisch. Im Kühlregal daneben eine Vielfalt an Molkereiprodukten.

Der Dorfladen legt aber auch Wert auf Regionales: selbst gebastelte Nettigkeiten, Hiltinger Honig, Eier aus Freudenbach, Wurst vom Metzger Naser aus Creglingen oder auch Schnaps von der Brennerei Ott gibt es hier.

Donnerstag und Freitag von 13 bis 16 Uhr und Samstag von 10 bis 13 Uhr steht Jörg Schleburg in seinem Laden. Dann ist auch die Abteilung mit alkoholischen Getränken wie Wein, Bier oder Sekt geöffnet und es gibt Kaffee und Kuchen. So modern „Schönland“ auch ist, nichts geht über ein persönliches Gespräch. „Der Laden soll sich auch zum Treffpunkt entwickeln“, wünscht sich der Unternehmer.

Nach nur wenigen Monaten ist klar, „Schönland“ wird bestens angenommen. Sogar von der älteren Bevölkerung. Jörg Schleburg hat auch Gutscheinkarten ausgelegt. Wer also keine EC-Karte hat, kann sich eine Gutscheinkarte schenken oder aufladen lassen und auch zu jeder Zeit einkaufen. Auf einer Wünschetafel können außerdem Anregungen notiert werden. „Unser Sortiment wird sich über die Monate noch an die Bedürfnisse anpassen“, verspricht Jörg Schleburg.

Auch das Thema der punktuellen Unterstützung durch Mitarbeiter hat er schon im Blick. „Wir haben Sitzfleisch“, sagt er schmunzelnd. „Schönland“ ist für die Zukunft angelegt – für die Finsterlohrer, die Menschen aus den Nachbardörfern, die Touristen vor Ort und jeden hungrigen Abenteurer, der zu später Stunde vielleicht noch eine Pizza braucht. am

Jörg Schleburg ist es wichtig, dass sein Dorfladen auch eine angenehme Atmosphäre ausstrahlt. Eine echte, alte Theke mit netter Dekoration empfängt den Kunden. Foto: Privat
Das Kühlregal ist gut bestückt: Butter, Sahne, Käse in verschiedenen Varianten sind stets vorrätig und können Tag und Nacht gekauft werden. Foto: Privat
Das Einlasssystem funktioniert entweder mit einer Bezahlapp am Handy oder mit der EC-Karte. Foto: Privat

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