Ein großes „Helau“
10. Januar 2025
Ein großes „Helau“
Der Siegeszug der Faschingsgesellschaft „Der Tauberesel“
Rothenburg und der Fasching – das ist heutzutage keine große Liebe. Es war aber einmal anders. „Rothenburg war eine Faschingshochburg“, erinnert sich Inge Hoffmann. Im Jahr 1969 war sie zusammen mit ihrem damaligen Mann Heinz Pflüger das Prinzenpaar der neu gegründeten Faschingsgesellschaft „Der Tauberesel“. „Das war so eine schöne Zeit, geprägt vom Zusammenhalt. Und alle in Rothenburg haben mitgemacht“, schwärmt sie noch heute. Vor ihr liegen zahlreiche Zeitungsausschnitte und sie blättert im Erinnerungsalbum mit vielen Fotos.
Am 11. November 1968 wurde die Faschingsgesellschaft „Der Tauberesel“ „nach vielen Schwierigkeiten in der Vorarbeit“ gegründet, wie die lokale Tageszeitung berichtet. Präsident der Faschingsgesellschaft und Hauptinitiator war Josef Bönsch.
Im Januar 1969 fand die offizielle Schlüsselübergabe an das Prinzenpaar am Marktplatz statt. Bürgermeister Friedlein überreichte den schweren goldenen Stadtschlüssel. „Es soll ein Schlüssel zum Herzen sein“, sagte er. Die neu gegründete Faschingsgesellschaft stellte ihre erste Saison unter das Motto „Rothenburg steht Kopf“.
Inge Hoffmann kann sich noch gut erinnern, wie schnell sie zur Prinzessin wurde. Wenige Tage vor der ersten Prunksitzung am 18. Januar 1969 existierte noch kein Prinzenpaar. Es gab nur einen Elferrat und eine Garde. Heinz Pflüger sollte eigentlich dem Elferrat beitreten, aber in der allgemeinen Vorfreude kam die Idee auf, der Schwarzenbronner und seine Frau gäben ein tolles Prinzenpaar ab. Inge Hoffmann ist gebürtige Rothenburgerin und stammt aus dem Gasthaus „Breiterle“. Sie hatten zwei kleine Kinder, Alexander und Marion, die als Kinderprinzen bei so manchem Auftritt ebenfalls begeistert dem Publikum winkten. Die Beiden waren also perfekt für das Amt.
Man muss sich so ein Amt aber auch leisten können. „Wir mussten für alles selbst aufkommen“, erinnert sich Inge Hoffmann. Dazu gehörten nicht nur Kleider und die Fahrten zu anderen Faschingsgesellschaften, die das Prinzenpaar einluden. „Man musste auch immer etwas ausgeben“, erinnert sich die einstige Prinzessin. Die Kosten der 32-tägigen Inthronisation des Prinzenpaars Heinz I. und Inge I. entsprachen in etwa dem damaligen Wert eines neuen VW-Käfers.
Die Zeitungsberichte titeln: „Der Tauberesel steht schon fest auf seinen jungen Beinen“, „Die Prunksitzung – ein Höhepunkt des Faschings“ oder „Narrenfreiheit in Rothenburger Sälen“. Der Fasching hielt in Rothenburg einen fulminanten Einzug. Die erste Prunksitzung fand im „überfüllten“ Hospizsaal statt und das Programm füllte rund fünf Stunden. Büttenreden, Schnellzeichner, Gildesänger und Gardemädchen unterhielten auf das Beste.
„Wir haben damit Rothenburg auch nach außen getragen“, so Inge Hoffmann. Zur Prunksitzung kam damals der Carnevalsclub Mainz-Gustavsburg. Natürlich haben das Prinzenpaar samt Elferrat und Garde einen Gegenbesuch abgestattet. „Wir waren auch bei der Faschingsgesellschaft Medine in Schopfloch eingeladen und zum Fasching in Heidingsfeld“,erinnert sich Inge Hoffmann.
Aber auch die Rothenburger Vereine, von denen es damals zahlreiche Aktive gab, wollten auf ihren Faschingsbällen das Prinzenpaar sehen. An einem Samstag besuchten „seine Tollität Heinz I. und seine Lieblichkeit Inge I.“ insgesamt fünf Bälle: Bei den Bürokraten, den Kleingärtnern, Bäckern, Reitern und der Seliger-Gemeinde traten sie auf. Inge Hoffmann schätzt, dass sie mit den beiden Prunksitzungen und dem Umzug durch die Stadt, bei dem es sogar ein Faschingsschiff gab, insgesamt bis zu 30 Auftritte hatte. Auch eine Jugendsitzung und einen Kinderfasching gab es damals.
Was bringt die Zukunft?
„Es war sehr traurig, als die Zeit um war. Da sind Tränen geflossen“, sagt Inge Hoffmann. Der Fasching wurde traditionell begraben. Im Jahr 1970 knüpfte man an die Tradition nochmals erfolgreich an. Ein neues Prinzenpaar wurde gefunden, Peter I. und Waltraud I. „Der ‚Tauberesel‘ hat zum zweiten Mal bewiesen, dass selbst mit fränkischem Gemüt ein großartiger Fasching gefeiert werden kann“, schreibt die lokale Tageszeitung am 10. Januar 1970 nach der Prunksitzung. In mehreren Berichten wird vermutet, dass sich der Rothenburger Fasching aufgrund seines großen Zuspruchs einen Platz in der Zukunft erobert hat. Das hat sich leider nicht bewahrheitet. Nach 1970 gab es kein Prinzenpaar mehr. am