Ein Gespür für Brot
9. März 2022
Ein Gespür für Brot
Martin Neumeister ist Brotsommelier im Brothaus
Sein Herz schlägt einfach fürs Brot. Martin Neumeister ist Bäckermeister, seit 36 Jahren im Job, 21 Jahre davon im Brothaus. Süße Stückchen oder Sahnetorten sind auch lecker, aber nicht so recht sein Ding. „Es war von Anfang an das Brot, das mich begeistert hat“, erzählt er.
Nun hat er seinem Beruf die Krone aufgesetzt: In den vergangenen elf Monaten hat er beim Deutschen Brotinstitut in Weinheim die Ausbildung zum Brotsommelier gemacht. Im April hat er seine Abschlussprüfung. Rund 100 Spezialisten seiner Art gibt es in Deutschland.
Was der Wein kann, kann das Brot schon lange. „Man glaubt gar nicht, wie viele Aromen ein Brot hat“, sagt Martin Neumeister und schnell ist klar, er lebt seine Leidenschaft. Er spricht vom Duft, der ihn einfängt, wenn er in die Backstube kommt, vom Knistern des Brotes, wenn er es aus dem Ofen holt, von der perfekten Kruste, wie sich die Krume im Mund anfühlt und welches Brot zu welchem Essen passt.
Diese Detailliebe kennt man beim Wein, aber nun so viel Aufmerksamkeit für ein Stück Brot? „Viele wissen nicht, wie viel Herzblut und traditionelles Handwerk zu unserem Beruf gehört. Das möchte ich nach außen tragen“, stellt der angehende Brotsommelier fest.
Der Sauerteigflüsterer
Vor 21 Jahre hat er im Brothaus als Produktionsleiter angefangen. Damals hat er einen Sauerteig angesetzt, der noch heute die Basis für viele Produkte (unter anderem die Brotchips) ist.
„Den Sauerteig hüte ich wie meinen Augapfel“, sagt Martin Neumeister, der auch den Spitznamen „Sauerteigflüsterer“ hat. Sein Sauerteig hat es als erstes deutsches Produkt in die Sauerteigbibliothek in Belgien geschafft. Dort werden 128 Sauerteige (die bis zu 150 Jahre alt sind) aus 25 Ländern aufbewahrt.
Seit zwei Jahren ist Martin Neumeister der Produktentwickler im Brothaus. Wenn ein neues Brot im Sortiment auftaucht, dann steckt er dahinter. „Martin ist die tragende Säule, wenn es um Produktqualität im Unternehmen geht“, so Geschäftsführer Marcus Fischer.
Die Ausbildung zum Brotsommelier habe seinen Fokus erneut geschärft, ist sich Neumeister bewusst. Tief ist er dabei eingestiegen in die Literatur und wissenschaftliche Auswertungen.
Sein Kernthema als Bäckermeister ist die Fermentation und das hat sich auch in seiner Projektarbeit „Die milde Fermentation“ niedergeschlagen. Neben schriftlichen und praktischen Prüfungen ist auch eine Projektarbeit Teil der Ausbildung. Dafür hat Neumeister drei Brote des Brothaussortiments akribisch analysiert und feinjustierte Anpassungen vorgenommen, um das Brot noch aromatischer zu gestalten, ohne den Charakter zu verändern. Zum Abschluss folgte ein Tasting mit Kollegen und Testpersonen. „Die Tendenz war sehr gut“, stellt er fest.
Täglich finden im Brothaus Qualitätsbeurteilungen von Produktchargen statt und „wir beschäftigen uns jeden Tag zehn Stunden mit der Perfektion von Brot“, so Neumeister.
Was für ihn und seine Kollegen längst Alltag ist, will der Brotsommelier nun auch den Konsumenten vermitteln. Er kann sich durchaus vorstellen in Zukunft Backkurse, Vorträge oder auch Brottastings – eventuell in Kombination mit einem Weinsommelier – anzubieten. Martin Neumeister sieht sich als Markenbotschafter, der dem Brot nun eine eigene Stimme verleihen möchte. am