Die DNA der Franken

2. August 2022

Die DNA der Franken

Ausstellung „Typisch Franken“

Was genau ist typisch fränkisch? Eine einfache Frage. Die Antwort darauf ist jedoch alles andere als einfach. Bier, Bratwurst, Lebkuchen, Frankenwein und der Dialekt sind die gängigsten Klischees – aber da ist doch noch mehr. Das Haus der Bayerischen Geschichte konzipiert jedes Jahr eine Landesausstellung zu einem Gebiet oder Thema Bayerns. Noch bis 6. November dreht sich alles um Franken. Im Orangeriegebäude in Ansbach werden auf 900 m² Ausstellungsfläche die Wurzeln und Besonderheiten der Franken ins Visier genommen.

Dr. Johanna Blume, Mitglied des vierköpfigen Kuratorenteams, erläutert das Frankenkarussell, das die Besucher am Eingang empfängt. Alltägliche Gegenstände, die die Begrifflichkeit Frankens einrahmen und die sicherlich jeder Besucher kennt, sind effektvoll arrangiert. Dabei soll und darf es aber nicht bleiben. Die Kuratoren haben tiefer gegraben und eine Art Wanderung durch neun Regionen Frankens konzipiert, die sich wie eine kulturgeschichtliche Zeitreise auf die Suche nach dem überlieferten Erbgut, der DNA der Franken, begibt.

Frisch und ansprechend gestaltete, mit modernen Mitmachstationen und interaktiven Bildschirmen ebenso bestückt wie mit Jahrhunderte alten Objekten, wird so mancher Franke wohl selbst staunen. Franken, dieses oft belächelte Stück Bayern, kommt hier groß raus. Der Stadt Ansbach als Gastgeber zu Ehren geht es gleich los mit den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Sowohl der „Wilde Markgraf“ mit seiner Liebe zur Falknerei und der bürgerlichen Elisabeth Wünsch, als auch der letzte Markgraf, der aus Liebe abgedankt hat und Ansbach preußisch werden ließ, stellen sich vor. Ein Teil des heutigen Frankens hat also preußische Wurzeln. Im Gegensatz zu den Markgrafen steht Würzburg mit seiner bischöflichen Prägung. Die Schnitzkunst von Tilman Riemenschneider oder ein 1,20 m hohes Modell der Kathedrale von Münster Schwarzach, das Balthasar Neumann gefertigt hat, sind nur einige der Objekte, die die Blüte des Fürstbistums einfangen.

„Wir zeigen etwa 150 Exponate“, erläutert Johanna Blume. Alle sind Leihgaben von Museen, Institutionen oder Privatpersonen. Etwa zweieinhalb Jahre hat das Kuratorenteam an der Realisierung des Projekts gearbeitet. Dabei werden alle Sinne der Besucher angesprochen – auch das Gehör. Ein Torbogen führt in das Gebiet der Reichsstädte, die bis etwa 1800 Franken prägten. Dabei ertönt ein Rasseln. „Das ist das Geräusch einer Lepraklappe“, so Blume. Vor den Toren der Städte waren die Leprosenhäuser und die Kranken machten mit Lepraklappern bei der Bitte um Spenden auf sich aufmerksam. Eine dieser Lepraklappen, eine Leihgabe des RothenburgMuseums, ist ausgestellt. Die Besucher erfahren aber auch Interessantes über die Blutgerichtsbarkeit der Reichsstädte und der damit verbundenen Herrschaftsansprüche.

Franken wird auch geprägt von seinen Waldgebieten. Dem Fichtelgebirge mit seinen Bodenschätzen (bis zum Dreißigjährigen Krieg wurde hier Gold gefunden) oder auch dem Spessart mit seinem Räuberunwesen, einem breiten Publikum bekannt aus dem Film „Das Wirtshaus im Spessart“, wird in der Ausstellung Raum gegeben.

Hochzeitspläne und Geschäftsideen

Auf der Suche nach dem „Fränkischen“ darf das Bamberger Klosterland mit seinen Wallfahrten und Reliquien ebenso wenig fehlen wie ein Blick nach Coburg. Das kleine Herzogtum kam im 19. Jahrhundert durch eine geschickte Heiratspolitik zur Blüte. Auf einem Bildschirm spinnt eine Spinne fortwährend ihr Netz auf diesen Pfaden der Ehe. Die berühmteste Verbindung ist die von Königin Victoria von England und Prinz Albert. Zu sehen ist der originale Ehevertrag aus dem Jahr 1840.

Was wäre Franken ohne Nürnberg? Eine Radierplatte von Albrecht Dürer aus dem Jahr 1515, der Adidas-Stollenschuh von Max Morlock, edle Handwerksarbeiten aus Gold, Blechspielzeug, die erste AEG-Waschmaschine oder Fingerhüte, die Massenwaren aus dem 16. und 17. Jahrhundert, sind Zeitzeugen des Wirtschaftsstandorts Franken. Die Kuratoren haben auch die Geschichte der Juden in Franken, vor allem der typischen Wanderhändler, in die Ausstellung geholt. Und natürlich gehören die Nürnberger Gesetze aber auch die Prozesse gegen führende Repräsentanten des Deutschen Reichs nach dem Zweiten Weltkrieg dazu.

Den Abschluss der historischen und soziokulturellen Tour durch Franken macht die Kurstadt Bad Kissingen mit ihrem berühmtesten Kurgast Reichskanzler Otto von Bismarck. Der Stuhl, auf dem er regelmäßig gewogen wurde, ist ebenso zu sehen wie die Pistole, mit der im Jahr 1874 ein Attentäter versuchte, ihn umzubringen. Dies alles hüllt Franken und das typisch Fränkische in seiner Mitte ein. Die Melange daraus lässt den Reiz der Region greifbar werden.

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Die Landesausstellung „Typisch Franken?“ ist bis zum 6. November in der Orangerie in Ansbach zu sehen. Öffnungszeiten täglich von 9 bis 18 Uhr.

Dr. Johanna E. Blume am Frankenkarussell, das die Besucher gleich am Eingang der Ausstellung empfängt. Nach dem lockeren Einstieg gibt es weitere interessante, fundierte Einblicke. Fotos: am
Die Ausstellung besticht nicht nur durch die vielfältige thematische Annäherung an das Thema Franken, sondern auch durch ihre moderne und ansprechende Gestaltung.
Alle paar Jahre kam Reichskanzler Bismarck nach Bad Kissingen, um Gewicht zu verlieren. Auf diesem Stuhl wurde er gewogen.

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