Altes Wissen
6. März 2024
Altes Wissen
Flur-oder Gewannnamen
Bei den Namen Härlebuck, Hündsgraben, Drou, Dalli oder Kohlplatte wusste dereinst jeder, was gemeint war und wo er hingehen musste. Je nach Region nennt man diese Bezeichnungen Flur- oder Gewannnamen. Damit haben die Menschen früher Äcker, Wiesen, Weiden aber auch Wege und markante Örtlichkeiten bezeichnet. „Die Flurnamen sind Ausdruck des Denkens und Fühlens unserer Vorfahren, sie sind Beweise des Beobachtens und Urteilens, oft auch ihres Mutterwitzes“, schreibt Richard Schmidt in seinem Aufsatz „Flurnamen der Gemarkung Steinach a.d. Ens (in „Die Linde“, Nr. 9, 1992).
Flurnamen sind somit mehr als nur reine Bezeichnungen. Sie geben Hinweise auf frühere Lebensgewohnheiten, auf die Siedlungsgeschichte oder die wirtschaftliche Nutzung.
Diese Zeugen der Vergangenheit geraten immer mehr in Vergessenheit. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde von Beamten in einer großen Aktion die Landvermessung konsequent erfasst. Neue Flurpläne und Kataster wurden angelegt. Die Schwierigkeit dabei: Die historischen Flurnamen wurden stets in Mundart weitergegeben. Schreibweise oder Deutung bedurfte einer großen Sachkenntnis.
Dazu kam eine weitere Entwicklung: Durch die maschinelle Großnutzung der Flächen wurde eine detaillierte Bezeichnung der Örtlichkeiten, wo beispielsweise die Helfer der Bauern ihre Arbeit verrichten sollten, obsolet. Flurnummern wurden eingeführt, die die Parzellen und deren Besitzverhältnisse kennzeichneten. So verschwanden die historischen Bezeichnungen nach und nach aus dem alltäglichen Gebrauch.
In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts hat die Heimatforschung die Bedeutung der Flur- und Gewannnamen erkannt. „Schon seit mehreren Jahren werden in den Gemeinden die Flurnamen gesammelt und aufgeschrieben“, schreibt Oberlehrer J. Dannenbauer in seinem Aufsatz „Rothenburger Flurnamen“ (in „Die Linde“, 1939, Nr. 1).
Kunst der Übersetzung
Neben alten Bezeichnungen wie Eselsteig (bei der alten Burg) oder der Sausteige (Weg vom Stöberleinsturm zur Doppelbrücke) beschreibt er auch vergessene Namen. „Der Katzenbühl oder Katzenbuck (östlich von Detwang) soll seinen Namen einer Sage verdanken“, so Dannenbauer. Ein Hirte soll an diesem Abhang während einer Mäuseplage eine Katzenzucht betrieben haben.
Immer wieder wurden in „Die Linde“ Berichte über örtliche Flurnamen beispielsweise von Oestheim (1956, Nr. 12) oder Tauberzell (1986, Nr. 6) veröffentlicht. Die Deutung der Flurnamen ist dabei sehr schwierig. Namen wurden über die Jahrhunderte immer wieder verändert geschrieben oder Mundart-fremde Vermessungsbeamte haben diese falsch „übersetzt“.
Im Jahr 1920 gründete sich in Bayern der „Verband für Flurnamensammlung“. Bayern ist das einzige Bundesland Deutschlands, in dem die Namenforschung nicht in erster Linie von staatlichen Institutionen (meist Archiven, Hochschulen oder Forschungsstellen) betrieben wird. Die seit 1920 erfassten Flurnamensammlungen bayerischer Altgemeinden sind im Bayerischen Flurnamenarchiv des Verbandes verwahrt und für die Öffentlichkeit zugänglich.
Eine Abschrift der Flurnamen des fast vollständigen Gebiets im Altlandkreis Rothenburg liegt im Stadtarchiv. Diese Sammlungen enthalten alphabetische Listen von Flurnamen (teils mit Erläuterung und Flurkarte), die in mehr oder weniger leserlicher, deutscher Schreibschrift verfasst sind (siehe Abbildung links). Den Flurnamensammlern wurde dazu vom Verband eine mehrseitige Anleitung für die Feldforschung an die Hand gegeben.
Erklärung der Flurnamen
Unter anderem wird dort die Bezeichnung Herzblutacker (Nr. 68) erfasst: „Hat die Form eines Herzens. Unter einem alten Stich steht Blutacker. Am Grenzacker.“
Auch der Flurname Hopfengarten (Nr. 73. Lage etwa da, wo heute das Krankenhaus steht) taucht auf. „Jetzt überbaut. Hopfengarten kommt noch öfter in der Flur vor“, hat der Flurnamensammler notiert.
Bei den Igelsbachwiesen (Nr. 77) wurde notiert, dass diese 1401 durch die Stadt Rothenburg von der Gemeinde Gebsattel abgekauft wurden. am