Mit Tiefgang Jul01


Mit Tiefgang

Ausgezeichnet: „Kino-Klappe“

Heiner Dormann und Silvia Zott spielten mit ihrem Filmprogramm viele Auszeichnungen ein. Gute Küche und unvergessliche Kinoerlebnisse sorgen für Genussmomente bei den Stammkunden.Foto: ul

Heiner Dormann und Silvia Zott spielten mit ihrem Filmprogramm viele Auszeichnungen ein. Gute Küche und unvergessliche Kinoerlebnisse sorgen für Genussmomente bei den Stammkunden.Foto: ul

Filmreif ist nicht nur das Programm des „Kino Klappe“ in Kirchberg an der Jagst, das seit dem Jahr 2001 jährlich für Jahresfilmprogramme vom Land Baden-Württemberg und vom Bundesministerium für Kultur und Medien ausgezeichnet wurde. Für die Filmtitel im Jahr 2004 gab es den Spitzenpreis für Baden-Württemberg. Mit nur einer Leinwand, 86 Kinoplätzen und einem Restaurant in dem 4 400 Einwohner großen Ort steht das „Arthouse-Kino“ an erster Stelle in Baden Württemberg.

Ein kleines Café namens „Alte Post“ betrieben Heiner Dormann und Silvia Zott bis vor der Übernahme des Lichtspielhauses. Ihre kulinarischen Kochkünste brachten ihnen damals schon viele Stammkunden aus der Region ein. Einer davon war ein ehemaliger Kinobetreiber, der selbst ein Lichtspielhaus in den 1960er-Jahren in der Stadt unterhielt. „Hier muss es unbedingt wieder ein Kino geben“, betonte er immer wieder.

Die Idee war geboren. Ein ehemaliger Supermarkt in Kirchberg stand leer. „Im Jahr 1997 haben wir ihn gekauft, umgebaut und im Jahr darauf das ,Kino Klappe‘ eröffnet“, erzählt das Team. Mit der zeitgleichen Eröffnung des Mainstream-Kinos „Cinecity“ in Crailsheim war klar, es sollte ein Kultur-Kino mit Kneipe werden, das Filme mit Tiefgang präsentiert. „Unsere Streifen laufen nirgendwo, auch nicht in Rothenburg“, sagt Heiner Dormann mit einem Lächeln auf den Lippen. Das Konzept der beiden geht auf. Gezeigt werden deutsch-europäische Spielfilme, Komödien und Dokumentationen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen gepaart mit Musik, Literatur und Film bei gutem Essen und ausgewählten Weinen. „Wir kennen unser Publikum, das einen gewissen Anspruch an Information aus Ländern und Kulturen hat, aber auch intellektuelle Themen und ‚Wohlfühlkino‘ sucht“, wissen die beiden Lichtspielexperten.

Kulturgenuss, Kooperation und Kino

Die kulinarische Vielfalt wird dem Herkunftsland des jeweiligen Filmstreifens wie Bretonien, Frankreich, Italien, Spanien und Indien angepasst. „Ich bereite Fleischgerichte und Silvia alles Vegetarische zu“, erklärt Heiner Dormann. Mittags wird vorgekocht und abends serviert.

Oscar-Preisträger Gerd Nefzer (re.) stellte in einem Kinovortrag Spezialeffekte aus dem Film „Dune“ vor.Foto: Privat

Oscar-Preisträger Gerd Nefzer (re.) stellte in einem Kinovortrag Spezialeffekte aus dem Film „Dune“ vor.Foto: Privat


Eine Geschichte mit aktuellem Hintergrund im Juli-Programm ist die Filmbiografie „Golda“, in dem die israelische Premierministerin Golda Meir, auch bekannt als die „Eiserne Lady Israels“ (gespielt von Oscar-Preisträgerin Helen Mirren), im Jahr 1973 äußerst wichtige Entscheidungen treffen musste. Als Ägypten, Syrien und Jordanien am heiligen Tag einen Überraschungsangriff auf Israel starteten, musste sie handeln. Der später als „Jom-Kippur-Krieg“ bezeichnete Konflikt zeigt viele Parallelen zum aktuellen Nahost-Geschehen. Eine der beliebtesten Kinodokumentationen ist der 90er-Jahre-Film „Die Blume der Hausfrau“, in dem der Berliner Regisseur Dominik Wessely fünf Staubsaugervertreter der Firma Vorwerk bei ihren Verkaufstouren begleitet. Jetzt kommt der Film wieder ins Kino.

In Kooperation mit den Kirchberger Schlosskonzerten gibt es von Zeit zu Zeit Film und Musik im Kino. Im Mai durften Zuschauer erleben, wie die Bilder des Films „Odyssee im Weltraum“ mit der Musik aus dem Stück „Atmosphères“ des ungarischen Komponisten György Ligtis zu einer Symphonie aus Raum und Zeit verschmelzen. Auch werden Kinderferienprogramme, Schulkinowochen und Filmgespräche mit Profis wie dem Oscar-Preisträger für Hollywood-Spezialeffekte Gerd Nefzer veranstaltet.

Regelmäßig werden „Hohenloher Landfilmwochen“ in Zusammenarbeit mit dem evangelischen Bauernwerk, den Landfrauen und dem Maschinenring gezeigt, die sich mit Landwirtschaft und Landleben befassen. Dazu gibt es Filmgespräche und Diskussionen, aber auch kulinarisch regionale Spezialitäten. Die Wände in der gemütlichen Kneipe werden als Galerie genutzt, die aktuell Linolschnitte von Prof. Christian M. Fischer zeigen. Auch Lichtkünstler Willi Kammleiter aus Finsterlohr brachte das Kino einmal zum Leuchten. Ohne die ehrenamtliche Hilfe bei Veranstaltungen und Organisation wäre das Lichtspielhaus nicht, was es heute ist.ul