Eine starke Frau Jul01


Eine starke Frau

Rothenburg mal anders gesehen: Dr. Hellmuth Möhring, ehemaliger Leiter des RothenburgMuseums und Kurator der Ausstellung, hat die Stärken von Elise Mahler gekonnt inszeniert. Foto: am

Rothenburg mal anders gesehen: Dr. Hellmuth Möhring, ehemaliger Leiter des RothenburgMuseums und Kurator der Ausstellung, hat die Stärken von Elise Mahler gekonnt inszeniert. Foto: am

Die Künstlerin Elise Mahler

Frauen als Künstlerinnen, das war um 1900 nicht etabliert. Malweiber oder Terpentintanten wurden sie genannt. Vergiftete Komplimente wie ‚sie male wie ein Mann‘ sind überliefert. Elise Mahler (1856 – 1924) war eine jener Künstlerinnen – aber sie setzte sich durch. 20 Jahre lebte und wirkte sie in Rothenburg. Heuer jährt sich ihr Todestag zum 100. Mal. Grund genug, im RothenburgMuseum mit einer eigenen Ausstellung diese starke Frau vorzustellen.

Der ehemalige Leiter des Museums, Dr. Hellmuth Möhring, hat die Ausstellung kuratiert und Werke von zehn Leihgebern nach Rothenburg gebracht. Die meisten davon stammen von Elke Nickchen, der Urgroßnichte von Elise Mahler. Zwei der ausgestellten Werke sind sogar verkäuflich, eines wurde dem Museum im Rahmen der Sonderausstellung geschenkt.

In vier Räumen entfaltet sich Leben und Wirken von Elise Mahler. Sie stammte aus einer Unternehmerfamilie und sollte, wie üblich, verheiratet werden. Den reichen Verlobten servierte sie aber ab und ging alleine nach Hamburg, um das Handwerk der Kunstmalerin zu lernen. „Für Frauen war es schwierig, aus den Konventionen auszubrechen“, so Möhring. Elise Mahler hatte zum Glück die Unterstützung ihrer Familie auf finanzieller und ideeller Ebene.

Obwohl sie ein Leben lang von Krankheit geplagt war beschreibt der Kurator sie als durchsetzungsstarke Frau. „Sie war überzeugt von ihrem Talent“, sagt er. Erst ab 1919 konnten Frauen an Universitäten studieren. So blieb Künstlerinnen nur die Möglichkeit, bei ihren männlichen Kollegen Unterricht zu nehmen.

Im ersten Ausstellungsraum ist neben einem Skizzenblatt, das Malerkolleginnen bei der Arbeit zeigt, auch ein frühes Aquarell zu sehen. Im „Kellergang im Harrisleehof“ von 1881 wählt Elise Mahler eine perspektivische Umsetzung, die von den holländischen Meistern inspiriert ist. Im anschließenden zweiten Raum wird die Vielseitigkeit und Reisetätigkeit der Künstlerin gewürdigt. Elise Mahler war umtriebig. Sie hat nicht nur markante Orte in Deutschland bereist, sondern war auch in Italien (1903/04) und Ägypten.

Neben lavierten Tuschezeichnungen, Radierungen oder Ölgemälden hat sie auch die Fotografie als Handwerkszeug genutzt. „Sie hatte immer drei Kameras dabei“, erzählt Dr. Hellmuth Möhring. Abbildungen vom Gardasee oder auch von Fischerbooten auf Capri zeugen von ihrer Kunstfertigkeit. Aquarelle von Schiffen auf dem Nil sind in der Ausstellung ebenso zu sehen wie Aquatinta-Arbeiten, eine sehr aufwändige und schwierige Technik.

Im Jahr 1896 entdeckte Elise Mahler Rothenburg und blieb. Die Stadt zog schon damals Touristen an und somit konnte die Künstlerin ihre Werke verkaufen.„Elise Mahler war auch Unternehmerin“, erklärt Möhring. Sie hatte ein Atelier im Hegereiterhaus und betrieb eine Malschule. Im Baumeisterhaus eröffnete sie ein Café und verkaufte ihre Postkarten. Elise Mahler verband eine intensive Freundschaft mit der Künstlerin Maria Ressel. Gemeinsam lebten sie in Rothenburg und betrieben in der Bronnenmühle eine Pension.

Natürlich ist Rothenburg als Sujet in zahlreichen Werken von Mahler zu finden – aber nur selten in zuckrig-idyllischer Weise. Großformatige Bilder wie das Rathausportal oder der Kirchplatz mit Georgsapotheke sind gekennzeichnet von einer tiefgehenden Stimmung. „Sie hat auch das Düstere Rothenburgs in Szene gesetzt“, so Möhring. Der Faulturm mit Neugasse oder auch eine Ansicht des Kobolzeller Tors in Gewitterstimmung sind Gemälde, die ein Rothenburg fernab der Idylle zeigen.

Den Kunstwerken stehen in der Ausstellung informative Textpassagen zur Seite. Foto: am

Den Kunstwerken stehen in der Ausstellung informative Textpassagen zur Seite. Foto: am


Den Exponaten von Elise Mahler zur Seite stehen nicht nur erklärende Textpassagen, sondern auch einige Werke von Maria Ressel. Die 20 Jahre jüngere Künstlerin war vom Jugendstil inspiriert und hat unter anderem humorvolle Karikaturen angefertigt.

Im Jahr 1912, als die Vorboten des Ersten Weltkriegs spürbar wurden und keine Käufer mehr kamen, verließen die beiden Künstlerinnen die Tauberstadt und gingen nach München, wo Mahler 1924 starb.

Der Freundeskreis des Museums bietet am 28.Juli unter dem Motto „Kunst sehen und verstehen“ eine individuelle Führung mit Jutta Striffler durch die Ausstellung an. Jutta Striffler interessiert sich seit vielen Jahren für das Leben von Elise Mahler, hat engen Kontakt zu deren Urgroßnichte und sich ein umfassendes Wissen erworben. „Erstmals biete ich im Anschluss an die Führung am 28. Juli für Interessierte einen Rundgang zu den Wirkungsstätten von Elise Mahler an“, sagt sie. Die erste Station ist das Spitalreiterhaus, wo Elise Mahler ein kleines Atelier hatte und ihre Postkarten verkaufte. Von dort geht es zum Baumeisterhaus. Die beiden Künstlerinnen betrieben es als eine Art Literaturcafé. Hier gab es ihre Kunstwerke und Bücher zu kaufen oder zu leihen.

Über die Herrngasse geht die Führung dann zur Bronnenmühle, wo Striffler mit ihren empathischen Erklärungen die Zeit der Pension für Touristen und Malschüler lebendig werden lässt. Die Rundgänge werden in der Folge am 6. und 20. August, 3. und 24. September, 8. Oktober und 5. November angeboten. Der Start ist in der Ausstellung im RothenburgMuseum, jeweils um 13.30 Uhr (bis ca. 16 Uhr). am